Lüge oder Wahrheit?

Körpersprache lesen und Lügen erkennen

Kennen Sie das auch? Jemand sagt etwas, und Sie denken, werd` ich da jetzt gerade angelogen oder ist das die Wahrheit? 

„Ich hab das nicht gemacht, ehrlich!!“

„Die Hose steht dir ungemein und macht dich schlank.“

„Mit der neuen Frisur siehst du viel jünger aus!“

„Wir müssen uns unbedingt mal treffen.“

„Die Scheidung war überfällig, ich brauchte Luft zum Atmen.“

„Ich habe keine Affäre!“

Die Zweifel kommen aus dem Bauch, aber Sie wissen keine belastbaren Kriterien ins Feld zu führen, um die Zweifel zu belegen. Aber der Verdacht nach einer Lüge bleibt bestehen. Aber wie lassen sich Lügen erkennen, wie die Körpersprachen lesen?

Das Unterbewusstsein: eine unbekannte Galaxy?

Das Bauchgefühl wird oft und gern vom Verstand ausgehebelt, weil dann alles beim Alten bleibt, zum Beispiel schmerzhafte Täuschungen nicht entlarvt werden und Lügen unentdeckt bleiben. 

Dabei ist das Bauchgefühl in aller Regel absolut zuverlässig und vertrauenswürdig und ist die treue Dienerin des Unterbewusstseins. Und das wiederum ist wesentlich klüger als unser bewusster Verstand. 

Um das zu verstehen, schauen wir uns die völlig unterschiedlichen Funktionsweisen von bewusstem Verstand und Unterbewusstsein an.

Im Gehirn eines erwachsenen Menschen befinden sich etwa 86 Milliarden Nervenzellen (Neuronen), die untereinander über bis zu 1.000 Billionen Synapsen Informationen weiterleiten können[1]. Das heißt, jedes Neuron kann mit bis zu 10.000 anderen Neuronen verbunden sein. Die Zahl der möglichen Verbindungen, die in unserem Gehirn also kombiniert werden können, übersteigt jegliches Vorstellungsvermögen. 

Allerdings nutzt unser bewusster Verstand von diesen umwerfenden Möglichkeiten nur relativ wenig. Aus der Neurowissenschaft wissen wir, dass er pro Sekunde maximal 8 Informationen wahrnehmen kann, und um einen Gedanken ordentlich auszuformulieren, braucht er wiederum 3 Sekunden. Aber wir wissen heute auch, dass wir mehr als 10% unseres Gehirns nutzen, denn unser Unterbewusstsein schöpft sehr wohl das volle Potential unserer grauen Zellen aus. Nach neuesten Erkenntnissen verarbeitet es pro Sekunde mindestens 80.000 Informationen und ist damit 10.000 mal schneller als unser ach so schlauer Verstand.

Wer hat also das Sagen im Kopf? Wer erkennt die Lügen, wer interpretiert die Körpersprachen

Es ist also das Unterbewusstsein, das im Kopf regiert, und es kommuniziert mit uns über das Bauchgefühl.

Wenn es sich also zu Wort meldet, wenn wir Sätze wie die oben hören oder wenn uns etwas erzählt wird, können wir davon ausgehen, dass unser Unterbewusstsein längst und in wenigen Zehntelsekunden alle verfügbaren Daten erfasst und sie mit allen Daten und Erfahrungen abgeglichen hat, die wir jemals im Leben gemacht haben. Dass es eine Entscheidung getroffen hat und sie uns mitteilt, nämlich über das Bauchgefühl. Dabei werden auch solche Informationen berücksichtigt, die wir gar nicht unbedingt bedenken: Körpersprache, Stimmlage, Wortwahl, Geruch, zum Beispiel.

Vielleicht übersteigt die Zahl der möglichen Verbindungen unseres Gehirns unser Vorstellungsvermögen, aber wir können lernen, mit dem Verstand zu begründen, wenn unser Bauchgefühl entschieden hat, dass wir bewusst getäuscht oder angelogen werden.

Was ist überhaupt eine Lüge???

Dr. Paul Ekman definiert eine Lüge als “einen absichtlichen Versuch der Irreführung, ohne vorherige Ankündigung“. Die Wahrheit hingegen definiert er als “aufrichtigen Versuch, genaue Informationen zu liefern“.[2]

Wenn wir entscheiden wollen, ob wir es mit der Wahrheit zu tun haben, ist es hilfreich zu wissen, dass die Unwahrheit sehr wahrscheinlich 

  • Menschen dazu bringt, ihr Verhalten sehr stark zu kontrollieren,
  • mit Emotionen verbunden ist,
  • größere kognitive Anstrengungen erfordert als die Wahrheit und
  • mit Erregung verbunden ist.

Diese vier Faktoren kann man gar nicht oft genug lesen, denn sie repräsentieren genau die Themen, die belastbare Forschungsergebnisse zu Täuschung untermauern und unterstützen ultimativ dabei, Unwahrheiten aufzudecken.  

Wenn wir die Wahrheit sagen, ist unser Fühlen und Handeln im Fluss, in Harmonie, denn wir müssen uns ja nur an ein Ereignis erinnern und es so wiedergeben,wie wir es erlebt haben.

Wenn wir aber die Unwahrheit sagen, müssen wir

  • diese Unwahrheit konstruieren,
  • uns an alles erinnern, was wir in der Vergangenheit schon im Zusammenhang erzählt haben, um die neue Unwahrheit damit in Einklang zu bringen,
  • dafür sorgen, dass uns die neue Unwahrheit geglaubt wird,
  • mit unserem ganzen Verhalten die Geschichte unterstützen und 
  • zusehen, dass wir kein Verhalten an den Tag legen, das jetzt unpassend wäre.

Und am Ende müssen wir uns diese Unwahrheit dann auch noch gut merken, damit wir sie später noch mal erzählen können.

Dieser ständige Wechsel zwischen emotionalem Stress und kognitiver Bastelei fordert große Aufmerksamkeit und Kraft und führt dazu, dass ungeplantes Verhalten ähnlich der Freud’schen Fehlleistungen „durchrutscht.“

Die durchgerutschten  Fehler offenbaren sich über einen oder mehrere der sechs Kommunikationskannäle, über die wir uns mitteilen:

  • Interaktionsstil – die Art und Weise, wie wir unsere Wörter und Sätze sagen oder schreiben
  • Stimme – die “Musik” der Stimme, einschließlich Tonhöhe, Lautstärke und Ton
    Verbale Inhalte – was wir sagen oder schreiben
  • Gesicht – Ausdrücke in Falten und Furchen, die sich aus Bewegungen eines oder mehrerer der 43 Gesichtsmuskeln ergeben
  • Körper – Bewegungen von allem anderen außer dem, was durch „Gesicht“ bereits abgedeckt ist
  • Psychophysiologie – Schweiß, Temperatur und Atemfrequenz.

Diese Fehler werden für die Analyse dann interessant, wenn sie nicht mit dem Kontext, der Baseline der Person, die kommuniziert und der Geschichte, um die es geht, zusammenpassen. Solche Inkonsistenzen nennen Dr. Cliff Lansley[3] und seine Kolleg*innen Points of Interest. 

Ich hatte die Freude, Cliff und seinen Kollegen Aaron Garner bei einer Weiterbildung zu Emotional Intelligence kennenzulernen und von ihnen zu lernen, solche PINs zu erkennen. 

Sie sind hilfreich, um in der therapeutischen Arbeit Klient*innen zu unterstützen, ihren Emotionen auf die Spur zu kommen und unbewusste Gefühle bewusst zu machen.

Demnächst gibt’s hier mehr zu Clustern, Pins und was sonst noch dazu gehört, um Wahrheit von Täuschung zu unterscheiden.

Sie kennen dieses mulmige Gefühl im Bauch und möchten gerne mehr darüber erfahren?

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[1] GEHIRN-NEURONEN & SYNAPSEN: Funktionen und Bau | Cloudminded (cloud-minded.de)

[2] Dr. Paul Ekman: Telling Lies: Clues to Deceit in the Marketplace, Politics, and Marriage. 

[3] Dr. Cliff Lansley, Emotional Intelligence Academie, https://www.eiagroup.com/